Mittwoch, Juni 28, 2006

Klassenspaß, Klassenhass, Klassentreffen

Klassentreffen haben den Zweck, die bekannte Auto, Pferd, Pferdepflegerin-Nummer abzuziehen und am Ende mit dem beruhigenden Gedanken nach Haus zu gehen, dass man es doch als einziger so wirklich richtig geschafft hat.


Dachte ich.

Naja, ich bog auf den Treffpunktparkplatz ein und sammelte erste Eindrücke. Eine Gruppe in meine Richtung Schauender, dabei modisches und nicht modisches Aussehen. Begrüßungen, erst höflich kühl, dann schon etwas persönlicher bis hin zur für die uns umgebenden dörflichen Verhältnisse ungewohnt südländischen Umarmung. Da ist wohl jemand aus der großen Stadt.

Es geht zur Schule, dem Ort, an dem ich zum ersten Mal sah, wie man von einem Erwachsenen das Kinn verdreht bekam und wo die Schaltkreise im Werkunterricht auf diese Lochplatten gesteckt werden mußten. Der erste Eindruck heute war schlecht und änderte sich nicht bis er zum letzten wurde.

Die erdrückende Übermacht des Schriftzugs (früher „P) OS Juri Gagarin“ über das winzige Schild „Sekundarschule Heimatdorf“ wurde nicht im mindesten durch das lose Umherbaumeln einzelner Gagarinscher Buchstaben geschmälert auch nicht dadurch, dass einige Luftballonbefestigungsbindfäden von vergangenen letzten Schultagen am alten Namen der Schule hin und her hingen. Der Hausmeister hatte wohl seinen Fernsehabend unterbrochen, für 10 Minuten hatte er sich gedacht. Nicht zu machen mit klassentreffenden Nostalgikern, die jeden Raum nebst Mobiliar zu inspizieren meinen mußten. Einige von ihnen meinten, einige mußten.

Mein Eindruck: Fenster. Fenster, deren Zustand Zweifel an der Ernsthaftigkeit von Bildungspolitik nicht nur aufkommen ließen. Fenster durch die man zwar blicken konnte, die aber eigentlich nur Zeitschleusen sind. Und das Ziel der Zeitschleuse ist durch die verrotteten Fensterrahmen vorgezeichnet. Vergangenheit. Past. Früher.

Und dann läuft der Klassenspaß doch scheinbar auf der vorgezeichneten Linie. Jeder sollte doch mal kurz erzählen was er so gemacht hat und jetzt macht. Tolle Idee. Fang Du an Klassenlehrer. Kurz. Kurz! Ziel verfehlt. Okay, die Anforderungen an den Englischgebenden Lehrer am Gymnasium („Sekundarstufe 2“) waren höher als Du dachtest. Du hast sie mit Kursen an allen noch so unwirtlichen und abgelegenen Orten dieser Welt wie Florida und New South Wales zu erfüllen gesucht und dieses selbstlose Ansinnen nicht mal vom Fiskus anerkannt bekommen (Weil man nicht ausschließen könnte, daß du zwischendurch mal baden warst, sagst Du). Was ist das doch für ein Staat. Aber Du bist doch immer noch der höchst plazierte ostdeutsche Seniorenspieler der Tennis-Weltrangliste (sagst Du wenigstens), das ist doch was. Und deswegen fährst Du nach dem Klassenspass morgen direkt nach Malle zu den Mallorca Open.

Und Deine Frau, die Du und die Schüler der Zeitschleusenschule zum zeitweiligen Aufenthalt in der Psychatrie bewogen, packt zu Haus gerade Deine und ihre Koffer. Und im Amazonasdelta werden Lianen abgewickelt. Na klar. Und an allem sind die Verhältnisse, die modernen Zeiten in diesem Staat schuld.

Paul ist damals sitzengeblieben und war dann in der Klasse meiner Schwester. Ist jedesmal rot geworden, wenn sie ihn angesprochen hat, sagt sie. Heute ist er immer noch ruhig, hat schon graue Haare, hat eine echt angenehme Art und einen leisen Humor, der zu den grauen Haaren paßt, weil der auch so was Spöttisches hat. Ein Metallbauer, der’s mal länger beim Bund probiert hat, für den das aber nichts war. Down to earth.

Tanja, die zweite Freundin meines Lebens ist einfach ein optischer Schock. Es liegt überhaupt gar nicht an Ihrer Art oder ihrem Humor (der so wie bei einem überraschend hohen Anteil der Leute heute abend eindeutige Züge von Sarkasmus trägt). Sie ist einfach schwer geworden. Schätze mal so knapp 90 bis 100 Einheiten auf der Waageskala. Was sie trotzdem wohl in ihrer Physiotherapeutenkarriere ganz nach vorn brachte, wenn man ihre Knetfähigkeiten realistisch abschätzt. Hatte mir überlegt, da mal hinzugehen, um mir meine dringende Massagebedürftigkeit wegmassieren zu lassen. Doch dann verfolgte ich den Gedanken nicht weiter, denn obwohl ich ihr entsprechende Fähigkeiten auf jeden Fall zubilligte, wäre es nicht möglich, die notwendige Fremdheit aufzubringen, um die entsprechende Nähe verkraften zu können. Das ist in keinster Weise sexuell gemeint, sondern lediglich durch den Gewichtsschock begründet. Wie sollte es da auch vorher Nähe gegeben haben in der vierten Klasse.

Mario war mein bester Freund. Nicht wie im Film durch dick und dünn, mehr eine Art Interessengemeinschaft, wobei ich in den meisten Sachen eine interne Führungsrolle hatte – Fußball, Musik. Außer beim Thema Pferde, wo man einfach nicht an der Spitze steht, wenn man keins hat. Er ist der solide Typ auf Abwegen: Sparkassenausbildung, dann in der Harzer Innenrevision dieses Instituts, jetzt am sich Weiterbilden mit Gedanken zum anschließenden Wegstehlen in die Leipziger Urbanität der frisch aufgetanen Liebe. Noch immer starker Hang zum ländlichen Bereich, manifestiert durch die Teilnahme an diversen Skatturnieren der näheren Umgebung und durch die Kenntnis fast aller uns am heutigen Tag auf der Straße begegneten Größen des dörflichen Lebens.

Trotzdem hat er einen Hang zum Aussprechen dessen, was ich mir in Vorbereitung des heutigen Abends selbst von mir verbeten hatte.
Ich werde heute nicht mit unterschwelligen Sarkasmen glänzen und mich darin sonnen oder darüber ärgern, dass niemand lacht. Ich werde keine flachen Kalauer werfen, die unbedacht Wehrlose und unverschuldet ins Abseits Geratene angreifen.“

Mit diesen beschwörerischen Sätzen hatte Mario sich heute nicht vorbereitet oder er hatte es verdrängt. Er war mir innerhalb von Minuten wieder so sympathisch, weil er seine Vorbereitung weniger intensiv und nachhaltig betrieben hatte als ich. Unterstützung durch einen mittels ähnlichen Eigenschaften Geprüften und Prüfenden findet er in Marco. Dessen angehender Bierbauch hindert ihn offensichtlich nicht an seiner Arbeit bei der VW-Bank, die ihn zudem mit aktuellen Neuwagen zu günstigen Mitarbeiterpreisen versorgt. Und das Blatt vor dem Mund muß im Herbst welk zu Boden gefallen sein. Mehrmals kommt das Wort „Pleitenprinz“ nicht verhalten über seine Lippen, als Kolja in des Lehrers Klagelied von der Schlechtigkeit der Zeiten anstimmt.

Kolja, dessen Vater das lokale Autohaus der Wolfsburger Schmiede trotz Benutzung von Schwarzarbeit, eigener Frau und anderer äußerster Mittel in die Kummerzone ritt. Kolja, der dann unbescholten selbiges kaufte und mit Geschäftsprinzipien ähnlich dem Altvorderen derzeit dem Staat die Schuld an seiner Lage zuschiebt. Bei Erwähnung der Messe der Meister von morgen Bewegung bekommt Kolja ebenfalls von Marco die Tatsache per Doublette an den Kopf geschmettert, dass der damals von ihm ausgestellte Traktor von seinem Vatersmann erdacht und erschaffen wurde. Kein HinterdemBergHalter, der Marco. Nicht wie ich.

Aber ein NichtHinterdemBergHalter wie manchmal auch der Lehrer dieser Klasse: Liliane (Meine Schwester fragte: “Hat sie immer noch dieses tumbe Gesicht?“, „Mmmmh, ja würde ich schon sagen.“) nutzte ihre Erzieherinnen-Ausbildung zur Jobergreifung in einem Heim für geistig Behinderte in Regensburg, wo sie für eine Gruppe von jungen Knaben zwischen 15 und 38 verantwortlich ist. Und wo sie seit ein paar Jahren auch mit jemandem zusammenwohnt. –„Was denn, mit jemandem aus der Gruppe?“ Fragen, die man als Lehrer nicht stellen sollte, weil man eventuell irgendwann in der Zeitung das Wort Takt las, es nachschlug und fortan wußte, was sich gehört und nicht nur was dringend benötigte billige Lacher erzeugt. Liliane trägt ein Dirndl in einer Art, wie es selbst im katholischen Regensburg als extremst konservativ gelten würde und Regensburg ist nicht Amsterdam. Ich stelle mir vor, wie sie in Vorbereitung des Klassenspass’ überlegt hatte, wie sie in Abwesenheit spektakulärer persönlicher Geschichten trotzdem verdammt in sein könnte. Dann kam ihr zuerst die Idee mit dem weitesten Anfahrtsweg („Joa mei, den hab ich.“) und dann die mit dem Most Hardcore Dirndl. Beide waren keine implizierten Kracher.

Lara war einer. Sie war noch keiner, als sie bei der Erstklassenumfrage der Hortnerin nach dem Wunschfreund mich ankreuzte. Sie war einer, als sie in der siebten Klasse anfing, Handball zu spielen und der Wortgruppe „aussehen wie Lara V.“ eine erste Bedeutung verlieh. Dazu gehörten Make-up, wilde Wellen in den Haaren und blitzende Augen. Traumvorstellungen von Schulsporthandballern beinhalteten, wie Lara aus Sicht des Torhüters unaufhaltsam die Verteidiger(-innen) umdribbelnd auf das Tor zugelaufen kommt, den Ball noch dreimal auftippt und dann aus dem Sprungwurf versenkt. Das ganze spielte sich natürlich mit dem zugehörigen Ensemble von wehenden Haaren, (wieder) blitzenden Augen und einer Lara in vollster Ausprägung ab. Kracher auch später, als ich die grundlegenden Goes und No Goes des Tanzens an Ihrer Tanzstundenseite gelehrt bekam. Temporär gestorben, als mich in Sachen Abschlußballpartnerwahl eine negative Entscheidung traf. Wohl kein öffentlicher Kracher nun mehr, in Zeiten von Mann, Kind und Doppelhaushälfte. Kracher aber doch, weil erstens Physiotherapeutin (und hier ohne den Waageskalenschock) und zweitens ab November dabei selbständig (und nach ausführlichem Gespräch als überlegt und vernünftig eingeschätzt).

Bleibt Jennifer/Jenni, die aus heutiger Sicht eine vielleicht vorhersehbare Entwicklung nahm, aus Siebenteklassensicht aber sicherlich überrascht. Stuttgarter Jugendamt für Problemkinder nach Sozialpädagogik-Studium. Vorhersehbar für eine Freundschaftsratsvorsitzende? Kann sein, wobei sie in meinen Augen auf der Washabichgeschafft-Skala weit im Vorderfeld liegt.

Die Anwendung von Auto-, Pferd- und Pferdepflegerinnenkriterien verbittet sich hier natürlich, aber die hätte ich eh nie angewandt. Vielleicht macht auch die Washabichgeschafft-Skala keinen Sinn oder die Erwartung, daß man von anderen auf so einem Klassenspaß an der Skala gemessen wird. Auch so wird die Vorstellungskraft immer genügend Vorurteile und negative Erwartungen an ein Klassentreffen bereitstellen.

Diesmal waren sie zu einem großen Teil revidierbar.

KOS: Nepper Schlepper Nisyros

Vulkan:
7 Busse =>> A bis G ....was ist mit J und den anderen des Alphabets?
Eintritt in Vulkan kostet 400 Drachmen pro Person

Dicker Schnurrbart-Mann mit Uni de Lausanne T-Shirt kassiert ab. Warum in der Schweiz noch nicht alle Uhrenfabriken und Skilifte geschlossen, wenn wenigstens die Hälfte seiner Kommilitonen ähnlich mit Ideen gesegnet ist.
Vulkane besichtigen für mittleres Geld in der Schweiz!!!
Direkt am Krater Idee des Steine-auf-Besuchermassen-Werfens spontan im Kopf. Zielen nicht notwendig, einer muß treffen.

Gestank nach Schwefel stellt alles in den Schatten, aber alle gehen rein in den Krater.
Self-Service Imbiß im Schatten des einzigen Baums im Intrakraterbereich. Servicegedanke bis zum Äußersten oder bis zum Innersten.

Neue Straße in den Krater, gefördert von der EU wie auch die zwei Probebohrungen. EU das heißt Langfristigkeit?

Ruinen im Krater sind zu jung, um von den Griechen wahrgenommen zu werden. 500 Jahre sind nicht genug... Potential für Amis, die schon bei 150 Jahre alten Bauwerken multiple Orgasmen verzeichnen.

Schattenspendendes Paradiso-Restaurant in Hafennähe: keine Wassermelonen, aber frischer Orangensaft nach der Definition frisches Wasser in ein paar atomar zerlegte Bestandteile von Saft. Können Sie sich bitte hier rüber setzen, wir erwarten eine größere Gruppe. Entschuldigung, nein nicht da, dort soll die Gruppe auch hin. Ja, da an der Toilette ist es toll. Kommt die Gruppe mit Bus Nummer C oder F?

Der Bus kommt dann doch nicht und wir müssen gehen.

Die Ami-Mopedvermietung vertickt die Bikes für 4500 Drachmen am Tag. Auch vier Stunden sind nach dieser Definition ein Tag. Dafür werden Kompromisse bei der Identifizierung der Mieter gemacht, wofür schon mal eine EC-Karte als eindeutiger Ausweis genügt. Jaja, es müßten noch etwa 2 bis 3 Liter getankt werden, um zum Vulkan und zurück zu kommen und vielleicht geht die Tankanzeige ja gleich wieder. Nein, die Tankanzeige ging auch später nicht wieder und wir haben dann fünf Liter getankt.


Damit zog die zweite Cash Cow Geschäftsidee der cleveren Amerikanerin, die sich einen Namen als Benzin-Resellerin der Insel gemacht hatte. All das passierte im Namen der großen deutschen TUI, deren Logo stolz über diesem Hort des Unternehmertums prangte, entweder irgendwann irgendwo von der geschäftstüchtigen Yankee-Tusse abgeknibbelt oder von einem betrunkenen TUI-Zertifikator verliehen, als man Mopeds noch stundenweise mieten konnte und Tankanzeige noch nicht vorsätzlich außer Funktion gesetzt waren.

Azyklisches Verhalten ist angesagt, wenn vier Schiffe (darunter ein kaum kleinerer Nachbau der Titanic) im Hafen sieben Busse füllen, die jeweils zweimal zu den zugegeben platzmäßig beschränkten Sehenswürdigkeiten der Inseln pendeln. Kulturschaffende und Werktätige aus dem Vereinigten Königreich, dem der Niederlande und der parlamentarischen Republik des deutschen Volkes bringen Gewirr und Getümmel in die engen Gassen des kleinen Dörfchens und das Abzockerherz in jedem noch so isolierten und zurückgebliebenen Insulaner erwacht.

Richtig zu verurteilen sind neben den bösen zigarreschmauchenden Schiffs-, Bus- und Mopedvermietungseignern die Surfhasen aus Kefalos nicht richtig, denn sie verdienen pro deportiertem Tourist wahrscheinlich auch gerade mal 70 Pfennig und irgendwie muß man wohl auch die Tsatsiki-Drachmen verdienen, um des Morgens in der Frühe nicht durch den Pustewind vom Brett geholt zu werden. Nur Robby Naish würde das bestimmt nie tun.

Geschichten zum Namen:
Nisyros:
Pferd/Hengst/Roß
Gans -->poppen
Niemals! (empört): Nie, Sie Roß!

Lesbos:
Deutscher und Grieche in Piräus in einer Hafenkneipe
Kommen von den Inseln. Nach Langem ein Wiedersehen. Völlig besoffen. Zeit nach Hause zu fahren. Der Grieche kam mitm Boot und lallt. ‚Ich nehm das Segolos Bootos palogopolos.
Der Deutsche: Ichnähmdälestebos.
-->Lesbos.

Headhunter, Kopfgeldjäger, Personalberater, Unwissende, and the like

Personalberater sind eine Plage? Eine Landplage, die Geißel Gottes sind sie!

Also, man nehme: Man stelle sein Proil bei www.monster.de und www.stepstone.de ein, garniere dieses Profil mit Schlagwörtern , die auch dem letzten Hintertuxer Headhunter die Alarmglocken im Kopf klingeln lassen (SAP Netweaver, SAP BW, XI,…) und dann setze man sich in den Sessel und warte auf die Anrufe mit den unterdrückten Rufnummern und stelle sich während der Gespräche wild blinkende $$$ Zeichen in den Augen der Gesprächspartner vor.

Ja, in meinem Profil steht, ich hätte Projekte mit SAP BW und SAP NetWeaver gemacht. Nein ich bin kein Programmierer in ABAP, nein ich habe mich nicht auf das Customizing von BW Berichten spezialisiert, nein ich möchte keine Projekte in Island oder Palästina machen, wofür steht das NRW eigentlich in meinem Profil?

Noch der letzte Headhunter überhört diese Aussagen und den Anspruch, fachlich arbeiten zu wollen mit einem technischen Hintergrund aber nicht technisch ohne fachlichen Hintergrund, und er versucht Dich in genau diese Ecke zu drängen, denn so sind ja nun mal die offenen Stellen, für deren Vermittlung man 20-30% eines Jahressalärs kassieren kann.

Da lohnt sich schon mal der rufnummernunterdrückte (Ich hasse das!) Anruf beim suchenden Gepeinigten, sich deren achso fachlichen Anspruch in immer wieder demselben Lied anhören zu müssen, die ewige Litanei von Anspruch und Wirklichkeit, wovon letztere nun mal vom nüchternen bisweilen aufgeregten Kopfjäger repräsentiert wird. „Und Sie wollen wirklich nicht die eben von mir angebotene Stelle bei Nestle in Zürich als BW Berichtsverantwortlicher annehmen?“ – „NEIN!“

Dies passierte ca. 20-30 Male, man kann das gern jederzeit flexibel wiederholen und nachstellen, indem man das Monster Profil neu abspeichert, ihm so ein neues Datum gibt und es bei den Suchen der Headhunter wieder auftauchen lässt.

Stattdessen suche ich eine regionale Stelle in NRW, präferiert bei einem Industrie- oder sonst was Unternehmen ohne große Reisetätigkeit, mit fachlichem Anspruch und spannendem Umfeld, am besten projektartig…

Die eierlegende Wollmilchsau, aber verdammt nochmal so was MUSS es doch auch geben! Jedenfalls nicht in den 3,5 Monaten, in denen ich gesucht habe.

Aber es gibt ja auch noch andere Headhunter! Menschen, die sich kümmern, die eine Stunde lang ausfragen und wirklich Ansprüche und Wünsche nachfragen und möglicherweise notieren. Die oben beschriebene Reiseunlust vermerken und auf die Ausweglosigkeit des Eintretens in Industrieunternehmen auf der derzeitigen Karrierestufe verweisen und dann doch am Ende mit fünf Beratungsunternehmen ankommen, zu denen man beste Kontakte hätte. Kontakte, die in umgekehrter Stoßrichtung normaler Headhunter-Tätigkeit dazu benutzt werden, Kandidaten Unternehmen zu präsentieren, ohne dass es dafür schon konkrete offene Stellen oder Suchaufträge der Firmen gäbe.


Hört sich alles verständnisvoll an und kommt nach Ausfüllen aller Formulare und Zusendung der Unterlagen auch immer noch seriös rüber und also wirklich: Anschauen kann man sich das ja mal, mal sehen, was mein Marktwert so ist...

Und dann haben eigentlich alle Unternehmen, bei denen man sich vorstellt Interesse...Und nun?

Die Leute reagieren verspannt bei Absage nach den ersten vier Gesprächen, begründet durch das Nichtpassen von Kultur zu Kandidat. Sie verstehen es nicht und sind der Meinung, sie hätten soviel für mich getan wie zuvor nur meine Mutter für mich tat. So ungefähr jedenfalls.

Der verständnisvolle Berater hat Verständnis für mich und versteht nicht, dass die keines haben.


Doch dann irgendwann hat sich auch innerhalb der fünf vorgeschlagenen Firmen die Spreu vom Weizen getrennt und es liegen Angebote vor. Die dann auch terminiert sind auf gar nicht mehr so fern liegende Daten.

Macht Angst, ist ganz schön konkret, aber so wollte ich es wohl und so soll es wohl auch sein…

Silvester 2001/2002 in Edinburgh - ein Erlebnisbericht

Kanada
Die zwei netten Mädchen erscheinen beim Frühstück – blond und blaß bzw. dunkelhaarig und -häutig. Beide eint die Nichtzugehörigkeit zu den Elfen dieser Welt. Vielleicht sind sie geheime Ehrenmitglieder, aber alle physischen Kriterien für Elfen hat man dann nicht herangezogen. Sie kommen aus Kanada und legen darauf großen Wert, obwohl ich zuerst nicht direkt bemerke, dass sie nicht aus dem Boeing-gepeinigten südlichen Nachbarstaat stammen. Ihr Wissensdurst auf Basis nicht vorhandener Europakenntnisse ist eklatant und doch erfrischend. ‚You must have many castles then in Germany?’ ‘Yes, yes, I suppose so. There are some in the North and in the South like Neuschwanstein and Heidelberg where all the Japanese and American tourists go.’ ‘Heidelboerg?’. Nicht ganz so bekannt wie viele in Deutschland denken und daher scheinbar doch überbewertet in meinem Heimatland dieses Städtchen, denke ich.


Zu Silvester gibts von den Bed&Breakfast Pringles eine Packung Oatcakes, 2 Miniflaschen Whisky und ein Stück Steinkohle. Alter schottischer Brauch: Was zu essen, trinken und für die Wärme.

‘So that’s coal then?’ sagt die Stimme Kanadas. ‘I’ve seen coal before once we had a barbecue.’ ‘That was charcoal then’ sagt Mike Pringle mit dem Allgemeinwissen des Europäers. ‚So is there a difference then?’ ‘Yes, charcoal is made from wood, coal is a sedimental mineral thousands of years old.’ ‘That’s awesome!!!’ Und wir alle denken still vor uns hin: ‘Yes it is, indeed.’

Holland
Die beiden holländischen Gäste, Lieutenant wilde Haarpracht und seine Gefährtin stumme Krächzerin sind auch zum Neujahrssektschlürfen an den Kamin gekommen und erklären gerade die feinen Nuancen zwischen Holland und den Niederlanden. Neither of which has probably been heard of by any of our North American friends. ‘So is it Holland or the Netherlands then who failed to qualify for this year’s football world cup? ist der erlauchte und interessierte Zuhörer geneigt zu fragen. Egal.

Touristisch ist Edinburgh eine Goldgrube. Das Scottish Whisky Heritage Centre wie auch die Original Weaver Woodmill sind in nächster Nähe zum Schloß angelegt und bedürfen daher keiner weiten Fußanreise. Für alle Menschen dieser Welt ist auch gesorgt, denn die Hinweisschilder sind in allen Weltsprachen bis hin zu so Majoritäten wie portugiesisch oder holländisch gehalten. Leider ist die letzte Führung durch das Whisky-Center schon vorbei, so daß uns da wohl ein extrem großer Spaß entgangen ist.

Trotzdem hat die Weberei geöffnet, wenigstens das, was man entdecken kann, wenn man sich nach Stunden durch die ihr vorgelagerten Souvenirshop-Gestade gewunden hat. Dort kann man sich für einen moderaten und doch nicht unstolzen Eintrittspreis die Kunst des Webens am lebendigen Webstuhl erklären lassen, eine Kunst, die so auch noch heute – im Prinzip wenigstens- bestimmt noch bei der Fertigung der originalen Clan Kilts im fernen Osten zum Einsatz kommt. Ausgefuchste Besucher haben auch die Möglichkeit, ohne Zahlung eines Obolus’ durch Hinabschauen von den umliegenden Galeriegängen dieselben Informationen zu erlangen. Der Leser darf raten, für welche Gruppe wir uns entscheiden. Letztendlich bietet sich auch die Möglichkeit, sich in einer Originaltracht mit Kilt und Mütze fotografieren zu lassen. Zur Komplettierung des authentischen Bildes besteht noch die Auswahl zwischen mehreren hinter einem Vorhang luftdicht gelagerten Rostschwertern. Die aufgebaute schottische Landschaft umfaßt so typische Details wie einen welligen Kunstrasen und einen originalgetreuen Pappstein. Was hätte ich für ein Foto gegeben, doch die Zeit war einfach zu knapp. Ein ander Mal vielleicht.


Silvester
Es ist der 31. Dezember und die Jahreszeit hält temparaturmäßig, was sie verspricht. –6 Grad Celsius, gefühlte etwa –15 Grad. Man mummelt sich in alles, was man für diese Zwecke mitgebracht hat ein und stellt sich an die Bushaltestelle, auf die Transportgefährte mit dem unfreundlichsten Personal wartend, das Europas Nahverkehrsgewerkschaften zu bieten haben.


Im Haus gegenüber wird das Licht gelöscht und es erscheinen drei junge Menschen, 2 männlich und eine weiblich. Junge 1 und Mädchen sind winterlich gekleidet. Junge 2 und Wohnungsbesitzer scheint entweder seit Monaten nicht aus seinem Zimmer gekommen und daher von der Temperatur überrascht zu sein oder irgendwelche internen Energiequellen gespritzt zu haben. Jedenfalls hat er nur ein landestypisches heraushängendes Hemd an und stellt sich in Erwartung der vier kommenden ‚Wir warten auf den Gongschlag’ Stunden an die Bushaltestelle. Zwei Minuten vergehen und -o Wunder - er verschwindet kurz und erscheint wieder mit einer schützenden Joppe. Gleichzeitig froh, den Glauben an die Menschen wiedergefunden zu haben und doch ernüchtert, dass manche Konstanten im Vereinigten Königreich doch nicht ganz so konstant sind, steigen wir in den Bus ein. Der ist nämlich gerade gekommen.

Der gerade ernüchterte Glaube an die Widerstandsfähigkeit gegen tiefe Temperaturen wird später wiederhergestellt. Vor uns geht eine junge Frau mit einer modischen weitgeschnittenen Jeans, die die Füße komplett verhüllt. Beim Laufen jedoch werden doch Teile ihrer Laufwerkzeuge freigegeben und --- was sehen wir beim genauen Hinschauen? Teile des nackten Fußes sind sichtbar. Oh Gott, vielleicht hat sie sich verletzt und muß jetzt wegen des geschwollenen Fußes Badelatschen tragen? Der zweite Blick und Schritt enthüllt die bare Wahrheit. Es sind weder ein geschwollener Fuß noch eine schlimme Krankheit, die Mary Scott hier zum Fast-Barfußlaufen verdammen. Nein, es sind modische Riemchen, die die Sohle an der Fessel des schlanken und doch blaugefrorenen Fusses befestigen. Selbst gewählte Pein und Kasteiung in diesen Gefilden Europas. Wer hätte das gedacht.

Ameisen besteigen einen Berg
Der Arthur`s Seat ist ein ehemaliger Vulkankegel in Wurfweite des Stadtzentrums von Edinburg. Heute findet der Neujahrstriathlon zu seinen Füßen statt. Erst ein bißchen schwimmen im Commonwealth Pool, dann ein paar Runden mit dem Rad um den Berg und dann noch ein paar Runden zu Fuß um den Berg.
Gleichzeitig scheinen es traditionelle Bräuche oder neuzeitliche Langeweile am ersten Januar zu bedingen, dass tausende Menschen heute den Berg besteigen oder wenigstens das, was sie dafür halten. Der gepeinigte Berg scheint unter der Last zu ächzen, aber der pfeifende Wind bietet ein ähnlich lautes, das Ächzen überdeckendes Geräusch. Eine erstaunliche Anzahl der heute unterwegs Befindlichen tragen Wanderschuhe. Professionalität im Schuhwerk, aber nicht auf den durch diese Schuhe betretenen Pfaden.
Niemand achtet beim Aufstieg auf die Wege, auf die vereinzelten und scheinbar verzweifelt aufgestellten Markierungen. Jeder wählt den aus seiner Blickwarte günstigsten und nächsten Weg zum Ziel. Oben versammelt man sich kurz. Wenn man ein Kind ist, bewegt man sich dicht an den Abgrund und aus dem Blickwinkel der sorglosen Eltern heraus. Dann geht’s wieder runter. Ne Hetzerei ist das. Vereiste Wegfurchen zwingen die Herabsteigenden zum Hinabrutschen auf vier Extremitäten. Dicke Mädchen beginnen das neue Jahr schon mit Spaß und rutschen auf Plastiktüten die steile 200m lange Piste runter. ‚I have to see this’ sagt der spontane Schotte, beobachtet kurz und teilt dann deren Plastiktüte mit einer schottischen Maid.
Die schmale Plastikplane verwandelt sich tangagleich in ein fadenartiges Gebilde und verhält sich dann nach 50 Metern zwischen Grasnarbe und Körperunterseite auch dementsprechend.

Ein schönes neues Jahr!

Geburtstage im Schweineland

Der Schlips von Onkel Klaus war etwa die Hälfte dessen, was er längenmäßig im Vorfeld hätte erwarten lassen.

Die halbwüchsigen Cousinen, die ich als solche in Erinnerung hatte, die aber mittlerweile in den unteren twen Jahren waren, rauchten gemeinsam mit dem das Rauchen wieder angefangen habenden Geburtstagskind auf dem zugigen verqualmten Flur.

Das Sportlerheim hatte mystische eigentlich hässliche naive Landschaftsmalereien an der Wand, die teilweise schief hingen und die man schon zu weitgehend unkritischen DDR-Zeiten als lieblos bezeichnet hätte.

Es wurde ein Programm geboten, in dem im gewohnten holperigen und gebrochenen Paarreim (Kreuzreim oder Stabreim scheinen nicht der Situation angemessen) mit zugehörigem nicht definierbaren Jambus (sechshebig, fünfhebig, variabel?) die Lebensgeschichte des Jubilars in Stichwörtern dargebracht wurde. Vorgetragen vom netten Marco, der das alles nur stockend vorlas und von der überaus hübschen Steffi, deren S-Fehler schon auf einer vorherigen Hochzeit von CouSine Sindy für Mitleid und unterdrücktes Gekicher beim weltgewandten Publikum gesorgt hatte.

Selbige Cousine (eigentlich) Cindy hatte ihre Nachkommenschaft eindeutig unter die Schirmherrschaft von Astrid Lindgren gestellt, heißen selbige doch Lasse und Ronja. Ronja weilt erst seit kurzem unter uns, scheint aber noch eine Nachkommenschaft mit sich zu bringen, zumindestens trägt ihre Mutter da augenscheinlich noch irgendwas mit sich rum.

Oma war nicht da, denn sie ist im Pflegeheim und es würde wohl alles zuviel und zu stressig werden. Trotzdem wird sie zu Weihnachten von meiner Tante nach hause geholt werden, weil da ist die Situation mit Veränderungen natürlich komplett anders. Man muss das gewohnt differenziert sehen. Das tut auch mein Opa, der erst von der Feier nach etwa einer halben Stunde verschwinden wollte, dann aber noch auf ein Bier bleibt und dann noch auf ein zweites und dann noch auf ein drittes. Alles in allem ziemlich glücklich ohne die von ihm tyrannisierte Frau, die nun ihren Lebensabend im Pflegeheim verbringt. Und selbiges besucht er tatsächlich auch ab und an, nicht um mit in das Zimmer seiner Frau zu gehen, sondern um die Zeit, in der seine Kinder dies tun, in der hauseigenen Cafeteria zu verbringen.

Es gibt Lachs vom Vater der Frau des Jubilars, von selbigem eigenanglig in Norwegen aus nem Fjord gezogen und hernach gebeizt und mariniert. Der Lachs hat Gräten, das merke ich, obwohl er mich (ohne auf seine eigenen Verdienste hinzuweisen oder selbige vermuten zu lassen) darauf hinweist. Zum Glück erwähnte ich nicht, dass der Fisch Gräten hat.

Das Essen kommt, nachdem wir um 17.00 Uhr anwesend sein sollten, letztendlich um 19.00 Uhr. Alle sind bereits hungrig und in der mittlerweile warm geatmeten Atmosphäre des Sportlerheimes angekommen und miefen diese weiter gemeinschaftlich zu. Schönste Essensstimmung, das Büffet wird eröffnet, los geht’s und hinterher natürlich einen Kräuter; üblicherweise einen mit dem Namen eines Wildtiers und zugehöriger Herkunft (Hase aus dem Fläming, Keiler aus Hardenberg usw.)..

Gegen neun muss man dringenden nach Hause, denn man kam ja nur mit einem Auto und der Kleine…Ihr wisst schon….naja…