Donnerstag, Juli 27, 2006

Nazis in Tempelhof

Ich warte auf meinen Rückflug von Berlin nach Köln im Zentralflughafen Berlin Tempelhof. Beim Einchecken steht schräg gegenüber am anderen Schalter ein kleines Mädchen mit seinen Eltern, nur das Mädchen wird nach Köln fliegen. Die Mutter darf (das scheint Richtlinie zu sein) noch bis zum Boarding dabei sein. Sie ist eine schon deutsch aber doch etwas südlicher aussehende Frau Ende 30 mit stark geschminkten Lippen, die zudem noch dick sind. Sie hat ein wohlgerundetes Kleid an. Der Mann und Vater des Kindes ist ein künstlerartiger Typ, der mit kurzen Hosen und Strohhut passend und mit den geschlossenen schwarzen Halbschuhen doch wieder unpassend zum Wetter gekleidet ist. Die Mutter möchte, und so sollte es wohl auch der Vater wollen, dass auch er mit bis zum Boarding dabei ist.
DBA Vorschrift scheint zu sein, und nicht nur die der DBA sondern wohl international aviation policy, dass nur eine Person mit einer Erlaubnis bis zum Borading begleiten darf. Die Mutter sagt ob dieser Auskunft am Check-In Schalter, dass die dortige Angestellte wohl bei der Hitze einen schlechten Tag hat und eine typische Beamte sei. Sehr passend also zu den poppigen DBA Uniformen, diese Aussage. Bei der Kontrolle der Bordkarte vor der Sicherheitskontrolle weist der Flughafenbeamte sie nochmals drauf hin, dass nur eine Person mit Begleitschein dabei sein dürfte. Das sei Dienstvorschrift. Die Frau deklamiert, dass der Beamte doch nur schlechte Laune wegen des Wetters hätte und der Mann doch der Vater sei und wohl doch sein Kind mit verabschieden dürfe. Der Beamte verneint leider, worauf die Frau von der Bordkartenkontrolle bis zum Sicherheitscheck ausruft, dass das ja wohl Nazimethoden sein, 80 Jahre danach und genauso wie damals. Und auf Dienstvorschriften hätte man sich damals auch berufen…genau wie damals…“Alles Nazis und passend dazu hier der alte Flughafen Tempelhof!“
Der arme und doch freundliche Mann am Sicherheitscheck sagt traurig und doch augenzwinkernd: „Warum sind denn bloß wir immer und so schnell die Nazis?“.



Dienstag, Juli 25, 2006

Geh nicht zu cut and go!

Geh nicht zu cut and go!
Es ist Montag und alle Friseure, die etwas auf sich halten, haben zu. Warum denn? Ist das eine alte Abmachung, aus Zeiten, in denen man zum Barbier ging und sich nen Blutegel an die Ader setzen ließ? Und Montags haben Blutegel keinen Bock? Wie auch immer, alle Haircutters hatten zu, ich hatte riesengroße Haare, die nicht mehr gingen und gondelte mit dem Rad durch die Stadt auf der Suche nach einem Streikbrecher.
Ich fand ihn in oben genannten Cut and Go. Sah von außen ganz stylisch aus. Ich kam sofort dran, bei einer Frisörin, die vorher gerade noch ihren Arbeitsplatz aufgeräumt hatte.
„ Wie soll es denn werden?“ Die Antwort: „Wie immer.“ Wäre sicher nicht angebracht gewesen, so beschrieb ich hinten und an den Seiten kurz und oben auch etwas kürzer…Oh, denkt man sicher gar nicht, dass es nicht länger sein sollte…
Dies schwarzgekleidete, doch irgendwie billig aussehende Dame legt los und rasiert mit gekonntem Schwung mal eben in 2 Minuten, was Hairstylists in meinem Stammcutter in 15 Minuten mit anmutigen Schwung abschneiden. Sie geht dabei nicht zimperlich vor und erinnert an eine Maschine…Und mein Kopf ist der Maschine im Weg….Sie stößt schon mal dagegen…In Nullkommanichts ist sie fertig und bringt mich zum Haarewaschen..Das ist schlimm, dass es so schnell geht und dass sie so ruppig ist…Ist doch der Friseurbesuch neben dem zweckerfüllenden Haarekürzen auch ein sinnliches Erlebnis, (im Normalfall) von Frauenhänden bearbeitet, über den Kopf gestrichen oder auch massiert zu werden. Alles Fehlanzeige hier. Das Wasser hat zwar ne angenehme Temperatur beim Waschen, die Handbewegungen beim Waschen selber erinnern jedoch wieder an einen Heuwender bei der Arbeit. Bei einer sehr schnellen Arbeit. Fertig! Geh mal wieder an Deinen Platz! Sie duzt mich und anders als beim Salvatore Team stört mich das, denn ich frage mich, ob sie es tut, weil ich so jung aussehe und sie sich älter fühlt als sie ist. Entgegen dem jugendlichen Flair bei Salvatore, wo ich natürlich superst reinpasse mit meinem juvenilen Style, fasse ich das Duzen als herabschauend auf.

Der benachbart arbeitende Friseur ist schwul auf eine unangenehme achziger Jahre Art und Weise…Er trägt eine ¾ lange schwarze Jeans, die ENG ist und dazu ein schwarzes T-Shirt auf dem GEFLAMMT steht „Ich geh in Flammen auf“…was für ein Schwachsinn…Mottoshirts ohne Sinn. Später dreht er sich um, ich entdecke den Schriftzug Rosenstolz… Klischee, erfülle Dich…Er ist dünn und bedinet einen 55jährigen, der sich die Haaransätze schwarz nachfärben lässt und einen Rollentausch angestrebt zu haben scheint. ER fragt den Stosenrolzfriseur aus….was soll das denn? Es geht um das derzeit heißt Wetter und dass ¾ Fred diese Temparaturen einfach liebt…Und dass – wenn es nach ihm gehen würde – das noch ewig so wäre…Es geht nicht nach ihm und damit sollte das Thema gegessen sein!

Und wieder sind wir fertig und kulanterweise heuwendet sie mir die Haare nach dem Schneiden nochmals waschenderweise und lässt mich anschließend mit einem Handtuch auf dem Kopf stehen. Soll ich mich jetzt wieder auf meinen angestammten (nein, so lange saß ich nicht!) Platz setzen? Sind wir etwa fertig?

Sie erlöst mich aus der Rätselei und entlässt mich vor einem Spiegel mit Gel- und Sprayutensilien und bietet mir an, mich dort zu stylen? Ich allein?! WaS? Und wozu geh ich zum Friseur? Ich fahr mir unsicher durch die Haare, unsicher, ob ichdas nun tun soll oder nicht…ich entscheide mich dagegen, denn am Ende gibt das doch ausgebildeten Friseurinnen die Chance, über ihre Kunden zu lachen, die das mit dem Stylen nicht so drauf haben… Ich geh also mit zerzausten nassen Haaren pudelähnlich zur Kasse und bezahle 19 Euro, 1 Euro weniger als sonst mit Rundumsorglosbetreuung. Da wird man mich in einem Monat wieder finden! Nicht hier!

Freitag, Juli 14, 2006

Abwenden des Gesichts

Da muss ich mich nun - wenn ich diverse Erledigungen erledigen möchte und dies auch noch in der Stadt passieren soll - jedesmal an meiner ehemaligen nicht geliebten und doch gemochten, wahrscheinlich weil kaum und wenn ja dann spät abends verlassenen Arbeitsstelle vorbei.

Ich muss da vorbei und doch sträube ich mich, den direkten Weg zu nehmen, Kollegen zu treffen, das heißt den Teil der noch nicht Gegangenen oder noch nicht Gegangenwordenen...

Und wenn dann doch mal jemand rausschaut oder zufällig den Weg kreuzt, schaue ich weg, beschleunige meine Pedalumdrehungen und habe grundsätzlich ein ungutes Gefühl...

Warum?
Bin ich schuld? Habe ich irgendetwas getan, dass ein solches scheinbar schlechtes Gewissen rechtfertigen würde?

Ich denke nicht. Ich glaube fest, dass das nicht der Fall ist.
Es liegt daran, dass es mir fehlt, Beachtung zu haben für das was ich tue...Wertschätzung zu erfahren von außen für das was ich tue... Für meine Arbeit...Die ich im Moment nicht ausführe, weil ich erst in 2 Monaten wieder eine haben werde...

Ein gutes Gefühl eigentlich, wenn man bedenkt, dass bis dahin Freizeit angesagt ist...Ein gutes Gefühl, das viele haben würden, wenn man ihnen das statt ihrer Arbeit anbieten würde...

Ich möchte meine Tage nicht verdaddeln..ich möchte abends sagen, der Tag war sinnvoll und erinnernswert und so, dass ich auf ihn zurückschauen kann und ihn nicht einfach vergesse, weil nichts passiert ist, was den nächsten Tag verändert hätte...Außer vielleicht, dass wegen Verdaddelung und Verschiebung eigentlicher Pseudoarbeitsaufträge der nächste Tag so verdammt vollgepackt wäre... (Ironie)

Insofern arbeite ich daran, meine Tage sinnvoll zu gestalten und hoffe, es wird mir weiter, besser und sichtbarer gelingen...

Die Chancen stehen niccht schlecht, obwohl es jetzt schon wieder Zeit wäre, aus Panik, dass alles bald vorbei sein wird, hektisch zu reagieren..

Ein Luxusproblem, dass sich andere Menschen wünschen würden..

Nur noch 2,5 Monate frei....sowas!

Samstag, Juli 08, 2006

The world is flat und wir

Lese zur Zeit ein gutes Buch: The world is flat von Thomas Friedman. Geht um die Globalisierung und um die Effekte, die das alles auf uns alle haben wird. Und geht um die Ursachen, die sogenannten „flatteners“, die dazu gefüht haben, dass es ist wie es ist.

Sollte zur Pflichtlektüre jedes deutschen Politikers, Gewerkschafters und sonstiger wichtiger Personen erklärt werden.

Im Moment schätze ich, dass die – noch viel mehr als ich- sich nicht im Geringsten auch nur ansatzweise vorstellen können, was uns allen noch bevorsteht. Wie sehr China und Indien uns noch Probleme bereiten werden. Dass die das nicht aus Jux und Dollerei machen, sondern weil sie keine Wahl haben.

Dass, wenn durch die Globalisierung in Amerika 5 Mio Arbeitslose durch Verlagerung wegfallen, gleichzeitig in China 30 Mio. herkömmlicher Arbeitsplätze in aus sozialistischer Zeit stammenden Fabriken wegfallen.

Dass Inder und Chinesen in solcher Zahl mit qualifizierten Arbeitskräften an die Tür klopfen, dass die PISA-Debatte hier nur wie das Debattieren zweier Schnecken erscheint, während zwei Gazellen schon vor Stunden in einer Staubwolke vorbeigezogen sind…

Dass es nichts nützt, über die Besitzstandswahrung kleinster Privilegien und Pfründe zu diskutieren, wenn man sich auf die Zukunft und diesen gewaltigen Knall, der grad passiert und der lauter und lauter werden wird, in einem riesigen Grollen anschwellen wird, sich über diesen Knall mal Gedanken zu machen und wie man ihm begegnen könnte…


Macht das jemand? Nein!!!!

Bürgerbeteiligung!!!???!!!

Kümmern sich Politiker noch irgendwie um irgendetwas, was Menschen wirklich wollen?
Gibt es Möglichkeiten, seine Meinung wirklich publik zu machen?

Es gibt verschiedene Initiativen, mit denen sich Bürger in Deutschland einbringen und einmischen sollen. Ich habe noch nie etwas gehört, wie Politiker ERNSTHAFT derlei Input beachten und daraufhin gehandelt hätten… Es gibt lediglich Beifallsbekundungen von Politikern, wie WICHTIG so etwas sei und dass man doch wirklich ermutigt werden sollte, weiterzumachen und noch mehr Leute zum Mitmachen zu ermutigen…
Aber wirklich etwas dabei rausgekommen ist noch nie!

Ich habe von einem gescheiterten Projekt gehört, in dem ein Kandidat für ein Amt in New York (sollte für eine Art Amtsleiter für Ordnung und Sicherheit oder ähnliches sein) im Vorfeld eine Webpage eröffnet hatte, bei der einfache Bürger Anregungen oder Wünsche oder Missstände aufzeigen konnten, angefangen von so einfachen Sachen wie ewig nicht behobenen Schlaglöchern, schmutzigen Spielplätzen, zu denen man einfache per Handy geschossene Fotos hochladen konnte.

Die Idee finde ich nicht schlecht und halte sie generell auf kommunaler Ebene mindestens für durchführbar. Ich gehe wirklich davon aus, dass in der absoluten Überzahl verantwortungsvolle Bürger in der Lage sind, auf diese Art und Weise ihren Beitrag zur Demokratie zu leisten und ebenfalls genauso verantwortungsvoll mit einem solchen Medium umgehen können. www.wikipedia.de zeigt hier beispielhaft, wie eine größere Anzahl von Benutzern (wenn sie sich denn etabliert hat) eine entsprechende Governance und Kontrollfunktion ausüben kann.

Gefragt nach einer Partei, über die man eine solche Initiative starten könnte, steht man vor einem Rätsel. Die SPD? Kann man sich hier vorstellen, was eine Website IST? Kann man sich soviel VERTRAUEN für die Bürger vorstellen, hier nur durch sich selbst kotrolliert Meinungen zu äußern?
Die CDU? Sollte eigentlich – wenn sie mit der SPD über das Thema spricht –deren Meinung annehmen, wie sie es zur Zeit eigentlich ständig tut.

Die FDP? Könnte sein, dass die Scharen um Westerwelle auf die Idee anspringen und ihrer Idee von ausgeübter Freiheit und Bürgerbeteiligung nachkommen…

Welche Inhalte könnte eine solche Seite haben? Nicht entschiedene oder bürokratisch verzögerte Entscheidungen wie die Zulassung einer eigentlich von allen gewollten Strandbar in Bonn… Aufreger, die die Menschen ansonsten in Leserbriefen an die Lokalpresse schicken würden… Ein Ohr an der Masse somit für Politiker… Deren Willen sie beachten oder berücksichtigen können…Deren Willen sie aber zumindestens KENNEN sollten…

DIE WÄRE DER WAHRE VORTEIL gegenüber der jetzigen Sprachlosigkeit, gegenseitigen Lähmung um der Wiederwahl willen, gegenüber dem derzeitigen Pakt des Nichtverletzens irgendwelcher Privilegien und Pfründe…Privilegien, deren Verletzung vielleicht sogar unter Klagen akzeptiert würde, wenn denn jemand im Hintergrund sich einen grundlegenden Plan überlegt hätte…

ES hat sich aber NIEMAND einen grundlegenden Plan überlegt, und wenn ja, dann hat er ihn verschwiegen, eingetauscht gegen eine größere Chance zur Wiederwahl oder einfach aufgegeben, weil die Meinung dagegen zu sein SCHEINT!

Das klingt alles frustriert? Das ist frustriert! Ich bin bereit, mehr zu bezahlen für Versicherungen und Steuern, wenn es denn einen Plan dahinter gibt und nicht einfach nur die Aussage „Sonst reicht’s nicht!“ Das ist kein Plan und reicht mir nicht! Und ich will wirklich sogar mehr bezahlen, wenn es dadurch denn allen besser geht und auch ich von einer positiven Stimmung profitieren könnte…Denn ich mag postive Stimmungen….

Jetzt schau ich das Spiel Deutschland gegen Portugal und hoffe sooo sehr auf positive Stimmung!!