Donnerstag, August 02, 2007

Hospitality

Durch das folgende Erlebnis habe ich einiges gelernt. Über mich und über die Welt.

Vorgestern nacht um drei bin ich aufgewacht, lag auf der linken Seite und spürte einen Schmerz in der linken Hälfte meines Oberkörpers. Der ging ein paar Minuten lang nicht weg, ich bekam etwas Panik und fing an zu zittern. Irgendwann verwandelte sich das in etwas unkontrolliertes Zucken, so alle 10, 15 sec und sowohl ich als auch Stefka bekamen ein wenig Angst...Als die Ambulanz kam und mich nach einem ordnungsgemäßen und einwandfreien EKG sicherheitshalber ins Elisabethkrankenhaus mitnahm, dachte ich als erstes: "mmmh, gar nicht mal so gut gefedert und sänftenartig, hier hinten, wenn auch sitzend und nicht auf der Liege ausgestreckt, mitzufahren... "

Angekommen im Krankenhaus wurde das komplette Programm mit Anamnese (???richtig, so?) nochmaligem gründlichem EKG und Brust-Röntgen abgespult, ebenso Blutabnahme, Blutdruckmessen usw. Und irgendwann bekam ich dann mit, dass sie mich natürlich dabehalten wollten und schob das noch nicht auf meine Eigenschaft als krankenversicherter Privatkunde. Mir ging es eigentlich schon die ganze Zeit, seit wir losgefahren waren, besser bis perfekt. Andererseits machte so eine Nacht im Krankenhaus nur zur Sicherheit wohl dann doch wieder Sinn. So blieb ich also da, Stefka verabschiedete sich irgendwann gegen halb fünf und wir beide versuchten, den Rest der Nacht getrennt noch etwas zu schlafen.

Morgens gab es dann ein frühes Frühstück, was nicht schlimm war, denn ich hatte eh kaum geschlafen. SAT1 und das ZDF konkurrierten in meinem TV, der von der Marke LIEBE TV (Häh?) war, darum, wer es schafft, aktuelle Informationen langweiliger darzubringen.

Ab und an kamen Menschen in mein Zimmer, um mir Blut abzunehmen oder Blutdrücke zu vermessen oder um ein spontanes EKG zu veranstalten. Irgendwann öffnete sich die Tür und ein gedrungener Mann mit offenem Kittel und einem vorangestellten Wagen schob sich hinein. Er hatte einen dunklen Scheitel und einen Oberlippenbart ukrainischer Bauart. "Ah der Reinigungsmann", dachte ich und grüßte freundlich. Er stellte sich dann in gebrochenem osteueropäischen Deutsch als der Stationsarzt Dr. XY vor und nahm mir eine weitere Probe meines roten Lebenssaftes ab. Da hätte ich ihn doch fast verwechselt. Ähnlich der Person, für den ich ihn gehalten hatte, sprach er nicht viel, vor allem nicht, was das alles zu bedeuten hatte oder was als nächstes mit mir passieren würde. Nun denn, ich konnte ja fragen irgendwann. Da war er auch schon wieder weg und verschwunden wie ein Geist.

Danach begab ich mich zu einem Ultraschall meines Bauchbereichs, sicherlich um mal wieder ein Foto aller dort existenten Organe zu machen, ob sie sich denn noch wohlfühlten und fit waren. Weil ich hatte doch eigentlich ursprünglich Schmerzen im Oberköper gehabt. Den Weg dahin ging ich zu Fuß, bis auf die Strecke im Aufzug, die mich netterweise eine Schwester mit einer alten Frau auf einer Liege mitnahmen. Die alte Frau war sehr freundlich. Der Ultraschallraum an sich lag im Keller und wurde bedient von einem mürrischen nichtsprechenden Arzt, der wahrscheinlich sauer war, dass er hier im Keller war und die Einrichtung des Raums so 70er mäßig (außer dem namensgebenden Ultraschallgerät- und computer). Andererseits betrachtet, war der Mann vielleicht auch wegen seiner Mürrischkeit in diesen Raum abgeschoben worden. Manchmal sind Ursachen Auslöser und doch gleichzeitig Ergebnisse...

Meine Organe waren soweit alle okay, keinerlei Leberschäden oder ähnliches festzustellen

Nebendran war günstig gelegen der Raum, in dem eine ähnliche Untersuchung mit meinem Herzen vorgenommen wurde. Ich bin mir auch im Nachhinein nicht sicher, ob diese Untersuchung jedem angedeiht oder nur den Versicherten mit dem großen roten P auf der Stirn. Auf jeden Fall lag ich auf einer Liege ausgestreckt und der sehr viel freundlichere Arzt erklärte mir wiederum sehr viel mehr über alles, was man auf dem Bildschirm sehen oder eben nicht sehen konnte. Mein Herz war sehr eindrucksvoll zu sehen, ebenso wie es pumpte, sich irgendwelche Klappen öffneten und schlossen und dann auch noch unterschiedlich rot und blau gefärbte Flüssigkeiten, die offensichtlich mit den Klappenbewegungen zusammenhängend mal nach hier und mal nach da strömten. Zu guter Letzt schaltete DocHeart noch die Boxen auf laut und ich konnte wirklich laut dem Rhythmus meines Herzens lauschen. Eindrucksvoll. Um in einem Bild zu sprechen, sagte mir der Arzt, er könne mir herzbezüglich nichts anhängen, ich hätte "maximal einen Leberfleck auf dem Herzen und den hätte fast jeder Mensch". Also auch alles ok. Ich schritt diesmal die Treppen in den 3. Stock nehmend wieder auf mein Zimmer und las dort den Bonner Generalanzeiger, der netterweise überall auslag. Und wenn man davon ausgehen konnte, dass der Generalanzeiger neue Abonennten damit werben wollte, dann konnte es somit nicht zu schlecht um mich bestellt sein.

Dann war Visite und das bedeutete, dass der Reinigungsarzt aus Kiew von eben zusammen mit dem Oberstabsfeldmajorarzt bei mir reinschaute und sich nach meinem Befinden erkundigte. Das war gut und ich dachte eigentlich und sagte das auch, ich könne ja dann bald nach Hause.

Naja, sagte Gospodin Kyriliew da, ein paar Untersuchungen müssten wir noch machen und das wären Belastungs EKG und all die Ultraschälle...Das schaffe man unmöglich heute, also müsste ich bis morgen hier verweilen. Ich verlieh meinem Wunsch nach Heimkehr nochmals Nachdruck, bemerkte auch, ich sei schon beim Ultraschall gewesen. Der Oberarzt fragte dann nach, warum das mit dem Belastungs-EKG nichts werden sollte, rief dort an, bekam sofort einen Termin und belehrte mich anschließend, ich würde dann auf eigenen Wunsch gehen und dies auch schriftlich bestätigen müssen. Fein mit mir, sagte ich.
Nur unser junger Kollege Bartko Kyriliew war wieder mürrisch und zickte etwas herum.
Dann begab ich mich sogleich zum Belastungs-EKG, wurde dort zwar bis 200 Watt be- aber eben nicht ausbelastet, denn -ja- ich konnte noch. Trotzdem schrieb Kyriliew, der meine Pedalierungen überwachte auf "abgebrochen wegen Erschöpfung". Ich war empört. Ich hätte noch mindestens bis 250 Watt gekonnt, wenn nicht noch mehr.

Als ich wieder mein Zimmer betrat, kam die Stefka auch schon und ich freute mich so sehr. Später betrat eine Schwester das Zimmer und fragte, ob das Bett schon für den Nächsten bezogen werden könne. Ich erkannte die Chance auf heutige Freilassung und sagte natürlich ja. Ich würde nur noch auf meinen Entlassungsbrief an den Hausarzt warten müssen und dann ginge es Heimjoh nach Sizilianien....wie man bei uns sagt.

Darauf konnten wir dann aber auch vor dem Schwesternzimmer warten. Dachten dies und ließen uns ebendort nieder, nicht wissend, dass wir hier die nächsten 2einhalb Stunden zubringen würden... Erst kam Kyriliew nicht aus einer Besprechung, um den Brief zu schreiben, dann irgendwann tauchte er schlurfend auf, murmelte aber irgendwas von noch nicht eingetroffenen Blutergebnissen und verschwand wieder. Die waren dann doch irgendwann angekommen und schon gabs einen Brief und Grüße an den Hausarzt ohne weitere Erläuterung auf die Hand.

Was hatte ich denn nun? Frug ich und Dr. Kyriliew sagte, mmmm eigentlich wäre alles okay , sie hätten alles gecheckt und nichts gefunden...
und wie sollte ich mich nun verhalten? ....naja cholesterinarm essen und alles weitere risikoreiche vermeiden....ich rauche nicht, gehe nicht mehr auf Eisbärenjagd und Wein gibt es auch nur in Maßen...also alles bis auf weiteres wie bisher?


Was ich daraus gelernt habe:
1) Ich habe nichts, über das ich mir Sorgen machen müsste. Ich bin kerngesund und das ist mehr als amtlich nachgewiesen in diversen Tests, wie man sie wohl nicht ausführlicher hat machen können.

2) Ich sollte mal schauen, dass ich nicht wie Alonso abends über die A3 von Frankfurt nach Bonn fahre, um schneller da zu sein und noch etwas vom Rest des Abends zu haben...Stattdessen einfach mal schauen (einfach!), die ganze Fahrerei etwas einzuschränken, wenn möglich. Was immer das dann auch bedeuten mag. Denn arbeitsweise allein ist mein Stress im Moment nicht vergleichbar mit dem von vor 2 Jahren. Oder anders ausgedrückt. Die Zeit zwischen der Reiserei ist eigentlich mehr als vertretbar...

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